Lorjentina

Fotografie/Grafik


Wir sind fast angekommen. Die Situation ist unvorhersehbar. Ja, von hier kann man die serbischen Sicherheitskräfte schon sehen. Zuerst müssen wir die Grenze überschreiten. Wir sind alle hungrig, nur sehr wenige haben Nahrung mitgehabt. Diese unangenehme Spannung im Autobus macht die Situation noch schlimmer. Die schreienden Babys. Die Unruhe der Passagiere. Man kann die Angst riechen. Als die Tür sich öffnete, entsteht eine unschöne Stille. Meine Sitznachbarin versteckt rasch mit völliger Beklommenheit ihre Halskette, auf der der albanische Adler dargestellt ist. Zwei serbische Polizisten steigen in den Autobus ein und einer verlangt unsere Reisepässe unverzüglich. Ich sehe die besorgten Gesichter. Seine abscheuliche Art verängstigt besonders die Frauen.
Er hat schon die Hälfte der Mitfahrer hinter sich. Ich sitze in der vorletzten Reihe. Eine junge Frau sitzt eine Reihe vor mir. Plötzlich fängt ihr 7-monatiges Kind an zu weinen. Sie versucht alles, um ihr Kind zu beruhigen, denn der serbische Soldat nähert sich ihr. Sie kommt dran.
Ihr Kind weint noch immer. Er verlangt ihren Reisepass. Sie gibt ihm ihren Pass und den ihres Kindes. Plötzlich fängt der serbische Polizist mit einer widerwärtigen Stimme an serbisch zu reden.
Die meisten verstehen ihn nicht. Er richtet sich an die junge Frau. Ein Mitfahrer übersetzt, was er sagt. Er will wissen, warum ihr Kind weint. Sie antwortet mit zittriger Stimme, dass ihr Kind Hunger habe. Er will, dass sie ihr Kind ihm übergibt, damit er das Kind dazu bringt, mit dem Weinen aufzuhören. Die Mutter ist unsicher. Er entreißt ihr das Kind und gibt es dem anderen Polizisten. Nachdem er mit uns allem durch ist, steigt er aus dem Autobus aus. Ich höre noch immer das weinende Kind, plötzlich hört das Schreien und Weinen auf. Etwas später kommt der serbische Polizist wieder und gibt der jungen Frau ihr Kind. Was ich jetzt erlebe, vergesse ich nie. Der Gesichtsausdruck der Frau, als der serbische Polizist ihr ihr Kind mit zerschnittener Kehle übergibt, ist unbeschreibbar.

Lorjentina

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen